Steuern in Kanada - ein Exkurs

Dieser Beitrag über die Welt der Steuern fundiert auf persönlichen Erfahrungen gepaart mit Halbwissen über alle hiesigen Steuerregelungen. Heimische Steuerexperten mögen mir an dieser Stelle eventuelle Fehler verzeihen. Ich bin mir sicher, dass es zu jeder Ausnahme noch eine Extraregelung gibt.

Die Steuergeschichte ist für den europäischen Einwanderer jedenfalls äußerst gewöhnungsbedürftig. Da wir schon für längere Zeit in den USA waren, ist uns zumindest bekannt gewesen, dass auf den Betrag auf dem Preisschild an der Kasse immer noch was drauf kommt. Das hat man spätestens nach dem ersten überflüssigen Geldabzählen verstanden - ungläubige Blicke zur Verkäuferin: "Wie jetzt? Aber auf dem Schild steht doch........"

Okay, das war schnell verstanden - Preise sind also in der Regel Netto. Je nach Produkt werden dann noch scheinbar beliebig Steuern draufgepackt. Es gibt die reguläre Steuer (mit der deutschen Mehrwertsteuer vergleichbar), die GST (Goods and Services Tax) - 6%. Dazu kommt noch die PST (Provincial Sales Tax), denn die Provinz will auch was verdienen.

Derzeit sind das in British Columbia 7%. Die Provinzsteuer ist logischerweise abhängig vom Ort des Konsums. Halte ich mich z.B. in der Nachbarprovinz Alberta auf, zahle ich nur 6 % GST. PST gibt es dort einfach nicht. (Grummel...doch in die falsche Provinz gezogen.)


So langsam wird aber jedem klar, warum Geldabzählen an der Kasse wirklich ein mathematisches Hochleistungshirn erfordert. In welcher Provinz bin ich gerade? Wie hoch ist hier die PST? Und vor allem was kaufe ich gerade? Kaufe ich mir ein medizinische geprüftes und verschriebenes Sitzutensil für geprellten Steiß - keine Steuer.

Der Hotdog an der Ecke kostet auch soviel wie auf dem Plakat steht und mein Busticket scheint auch steuerfrei zu sein. Gehe ich aber in die Kneipe und trink ein Bier, dann geht das hopplahopp: GST, PST, Alkoholsteuer, Servicesteuer und dann bitte noch 15 bis 20% Trinkgeld. Macht $8,50 fürs Bier. Preise wie auf'm Oktoberfest.

kanadisches Geld

Summa Summarum ein sehr verwirrendes Steuerspiel, was einem zum Teil an den Rand des Wahnsinns treibt. Als wir vor geraumer Zeit unser Auto verkauft haben und uns einen anderen Gebrauchten zugelegt haben, mussten wir schmerzhaft lernen, dass die Provinz selbst beim Privatverkauf mitverdienen will.

Wir kaufen also ein Auto von meinem Kollegen, müssen es logischerweise bei der Versicherung anmelden und dort werden uns zusätzlich zum Kaufpreis und der Versicherung sofort nochmal 7% Steuer draufgeknallt. Ist doch nicht wahr! Kurze aber rapide Ärgerkurve, gefolgt von Anpassungsversuchen und Toleranzübungen mit fremden Steuergesetzen. Und wieder haben wir was gelernt: privat ist eben nicht ganz privat. Die deutsche Definition lässt sich hier eben nicht eins zu eins umlegen.

Aber dann kommen wieder andere Steuerwunder daher, die den steuergeplagten Deutschen wie ein Reh im Scheinwerferlicht dastehen lassen. Meldung (frei übersetzt): Kanada senkt zum 01.01.2008 seine (Mehrwert)Steuer um 1%. Kurzes unsicheres Auflachen. Wie jetzt? SENKEN? Wer setzt den solche Gerüchte in die Welt und dann auch noch auf dem Titelblatt? Stellt sich doch heraus, dass das keine Ente war. Seit 3 Wochen zahlen wir also nur noch 5% GST. Wie sich heraustellt, passiert das jetzt schon zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren. Erklärung: ökonomischer Wohlstand im Lande.

Wie dem auch sei, spürbar ist sowas natürlich am Ende nicht wirklich. Aber der Fakt alleine, dass hier Steuern gesenkt werden, ist schon erwähnenswert. Das ist letztendlich auch das einzige, was man beim Thema Steuern verinnerlicht hat. Alles andere bleibt ein Zahlenkauderwelsch mit vielen ABER's und ES SEI DENN's. Wie wir das auch schon aus Deutschland kennen.


Verfasst Januar 2008 


Nachtrag: seit 2010 ersetzt in British Columbia die HST die PST/GST- Kombo. 


Noch ein Nachtrag: (August 2011) Nach monatelanger Debatte und ewigem Hin und Her wird nun nach einem Volksentscheid die HST wieder rückgängig gemacht. Wir haben also wieder PST und GST-Wirrwarr. 

Mehr dazu bei den Reiseinfos.



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